Weisheitsgeschichten

 

In ein abgelegenes Dorf in den Bergen kamen selten Fremde und so war eine Familie sehr erstaunt, eines Tages drei Männer vor der Tür ihres einfachen Hauses zu sehen.

Neugierig ging der Vater nach draußen und fragte die drei bärtigen Alten, wer sie denn seien und ob er ihnen etwas zu essen und zu trinken anbieten könne.

 

"Unsere Namen sind Reichtum, Erfolg und Liebe", antwortete einer der drei Männer. "Vielen Dank für den freundlichen Empfang. Es ist aber leider so, dass nur einer von uns deiner Einladung folgen darf. Du und deine Familie, ihr müsst entscheiden, wer das sein soll."

 

Nachdenklich ging der Mann zurück ins Haus und berichtete seiner Frau und seinem ältesten Sohn von der eigenartigen Begegnung und dass sie nun gemeinsam überlegen müssten, wen sie ins Haus bitten sollten.

Da die Familie sehr arm war, antwortete die Mutter schnell: "Dann entscheiden wir uns doch für den Reichtum. "

Der Vater, dessen größter Wunsch es war, seinem Sohn ein besseres Leben zu ermöglichen, widersprach und sagte:" Nein, lasst uns lieber den Erfolg hereinbitten."

 

Der Sohn aber meinte:" ich finde, wir sollten uns für die Liebe entscheiden, denn was sind schon Reichtum und Erfolg wert, wenn die Liebe fehlt?"

 

Und damit waren seine Eltern schließlich auch einverstanden.

Der Vater ging also wieder nach draußen und fragte die Männer, die sich mittlerweile auf eine Bank gesetzt hatten, wer von ihnen die Liebe sei. Der solle jetzt sein Gast sein.

Einer der Fremden stand als Erster auf und begleitete ihn ins Haus. Kaum waren sie jedoch an der Tür, folgten auch die beiden anderen.

 

"Was hat das denn jetzt zu bedeuten?", fragte der Vater. "Ihr könnt gern mitkommen, aber ich hatte doch die Liebe eingeladen und ihr hattet mir vorher gesagt, nur einer von euch dürfte der Einladung folgen. Habt ihr eure Meinung geändert?"

 

"Nun", antworteten die beiden alten Männer, "hättet ihr einen von uns eingeladen, wären die beiden anderen draußen geblieben. Da ihr euch aber für die Liebe entschieden habt, folgen wir auch, denn wir gehen dahin, wohin die Liebe geht."

 

 

Die Qual der Wahl "Kaleidoskop des weisen Händlers"

 

 

Das perfekte Herz

Eines Tages stand ein junger Mann mitten in der Stadt und erklärte, dass er das schönste Herz im ganzen Tal habe.

 

Eine große Menschenmenge versammelte sind, und sie alle bewunderten sein Herz, denn es war perfekt. Es gab keinen Fleck oder Fehler in ihm. Ja, sie alle gaben ihm Recht, es war wirklich das schönste Herz, was sie je gesehen hatten. Der junge Mann war sehr stolz und prahlte noch lauter über sein schönes Herz.

 

Plötzlich tauchte ein alter Mann vor der Menge auf und sagte: " Nun, Dein herz ist nicht mal annähernd so schön, wie meines." 

 

Die Menschenmenge und der junge Mann schauten das Herz des alten Mannes an. Es schlug kräftig, aber es war voller Narben, es hatte Stellen, wo Stücke entfernt und durch andere ersetzt worden waren. Aber sie passten nicht richtig , und es gab einige ausgefranste Ecken, an einigen Stellen waren sogar tiefe Furchen, wo ganze Teile fehlten.

 

Die Leute starrten ihn an. Wie kann er behaupten, sein Herz sei schöner, dachten sie?

Der junge Mann schaute auf des alten Mannes Herz, sah dessen Zustand und lachte: "Du musst scherzen", sagte er, "Dein Herz mit meinem zu vergleichen. 

Meines ist perfekt und Deines ist ein Durcheinander aus Narben und Tränen."

 

"Ja", sagte der alte Mann, "Deines sieht perfekt aus, aber ich würde niemals mit Dir tauschen.  Jede Narbe steht für einen Menschen, dem ich meine Liebe gegeben habe. Ich reiße ein Stück meines Herzens heraus und reiche es ihnen, und oft geben sie mir ein Stück ihres Herzens, das in die leere Stelle meines Herzens passt. Aber weil die Stücke nicht genau sind, habe ich einige raue Kanten, die ich sehr schätze, denn sie erinnern mich an die Liebe, die wir teilten. Manchmal habe ich auch ein Stück meines Herzens gegeben, ohne dass mir der andere ein Stück seines Herzens zurückgegeben hat. Das sind die leeren Furchen. Liebe geben heißt manchmal auch ein Risiko einzugehen.

Auch wenn diese Furchen schmerzhaft sind, bleiben sie offen und auch sie erinnern mich an die Liebe, die ich für diesen Menschen empfing und ich hoffe, dass sie eines Tages zurückkehren und den Platz ausfüllen werden. Erkennst du jetzt, was wahre Schönheit ist?"

 

Der junge Mann stand still da, Tränen rannen über seine Wangen. Er ging auf den alten Mann zu, griff nach seinem perfekten, jungen und schönem Herzen und riss ein Stück heraus. Er bot es dem alten Mann mit zitternden Händen an. Der alte Mann nahm sein Angebot an, setzte es in sein Herz. Er nahm dann ein Stück seines alten vernarbten Herzens und füllte damit die Wunde des jungen Mannes Herzens.

 

Es passte nicht perfekt, da es einige ausgefranste Ränder hatte. Der junge Mann sah sein Herz an, nicht mehr perfekt, aber schöner als je zuvor, denn er spürte die Liebe des alten Mannes in sein Herz fließen. Sie umarmten sich und gingen weg, Seite an Seite.

 

Das perfekte Herz

 


Zwei Wölfe
Der alte Cherokee Großvater saß mit seinem Enkel am prasselnden Lagerfeuer. Still und erschöpft nach einem langen Tag beobachteten sie das Feuer.

 

»Schau, Großvater, wie die Flammen tanzen. Sie stoßen in die Dunkelheit vor, als ob sie die Schwärze vertreiben wollten.«

 

»Sie kämpfen miteinander, so wie unsere beiden Wölfe«,
erwiderte der Großvater.

 

»Welche Wölfe?«, fragte der Enkel neugierig.

 

»Jeder von uns trägt zwei Wölfe in sich. Einen Weißen und einen Schwarzen. Der weiße Wolf lebt von Zuversicht, Liebe, Freude und Gerechtigkeit, von all unseren guten Eigenschaften.«

 

»Und der Schwarze?«

 

»Er lebt von unseren Ängsten, von unserer Wut, der Gier und Eifersucht. Der weiße Wolf ist wie die hellen Tage, der Schwarze wie die dunklen Tage im Leben. So wie die Flamme die Dunkelheit bekämpft, so ringen der weiße und der schwarze Wolf Tag für Tag miteinander.«

Nachdenklich schaute der Enkel in die Flammen.

»Welcher gewinnt, Großvater?«

 

 »Der, den du fütterst!«

 

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Nicole Schneider
Heilpraktikerin für Psychotherapie

in Bietigheim-Bissingen
nahe Ludwigsburg, Stuttgart


Praxis-Adresse:

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Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Anthroposophische Psychotherapie e.V. (DtGAP)